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Still Waiting For… Polarlichter und Kometen – Von der Medien-Illusion zur wirklichen Sichtbarkeit

                                                                               

                                                                                Von Ann-Christin Grote

Haben Sie neulich auch nach Polarlichtern Ausschau gehalten? Erst durch die Medien bin ich darauf aufmerksam geworden, dass in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai in vielen Teilen Nord- bis sogar Süddeutschlands Polarlichter aufgetaucht sind. Hatte ich das Ereignis also verpasst? Vielleicht nicht, denn für die darauffolgenden Nächte wurden weitere Polarlichter über Deutschland angekündigt. Nur wo genau sie auftreten würden, ist leider nicht vorhersagbar. Da hilft also nur ein regelmäßiger Blick nach draußen. Die Chance, vielleicht endlich einmal selbst Polarlichter sehen zu können, wollte ich mir nicht nehmen, zudem zu dieser Jahreszeit. Wer erwartet schon in unseren Breiten Polarlichter, noch dazu bei derart hochsommerlichem Wetter? Ein wirklich besonderes Ereignis. In der Nacht vom 11. auf den 12. Mai versuchte ich es also. Beim ersten Blick gen Nachthimmel war nichts Polarlichtartiges zu sehen. Bei gefühlten 30 °C – wer Dachschrägen hat, dem dürfte diese Zimmertemperatur bekannt vorkommen – und gekipptem Dachfenster galt es also abzuwarten. Auch um kurz nach Mitternacht war von den bunten Lichtern keine Spur. Also weiter warten. Neulich lief mir bei YouTube “Sasha – I`m Still Waitin`” über den Weg. Ein schöner Sommer-Feeling-Song mit passendem Titel. Ich wartete wirklich lange. Um halb drei war es mir aber doch genug, zudem wird es dann ja fast schon wieder hell. Aber auch wenn es keine Polarlichter gab – jedenfalls keine mit bloßem Auge sichtbaren: Dennoch war es schön. Bei Urlaubs-Sommerfeeling die Sterne und den Mond anzuschauen, ist doch auch einfach romantisch. 

Aber wieso hofft man öfter, Himmelsereignisse zu sehen, die in den Medien vorhergesagt werden und wundert sich, dass man gar nichts derartiges zu Gesicht bekommt?

 

Wenn in den Medien von einem aktuell sichtbaren Kometen oder in unseren Breiten auftretenden Polarlichtern berichtet wird, werden gleich schönste Fotos mit präsentiert: Kometen wirken im Vergleich zu Sternen riesig, weisen einen langen Schweif auf und leuchten gar möglicherweise grünlich, Polarlichter scheinen fast den kompletten Nachthimmel in hellen Rosa-, Lila- und Grüntönen zu bedecken. Das motiviert, selbst einen Blick nach draußen zu werfen, um diese Schönheit auch einmal in echt erleben zu dürfen. Schaut man dann erwartungsvoll – sofern überhaupt das Wetter mitspielt – nach oben, sieht man außer den Sternen und ggf. den Planeten und dem Mond oft: Nichts. Vergeblich sucht man mit den Augen den ganzen Nachthimmel ab und wundert sich, dass der im Fernsehen so schön aussehende Komet nicht aufzufinden ist oder dass eine Polarlichtvorhersage wohl nicht stimmen kann. 

Die Wahrheit ist jedoch, dass derartige Medienberichte in Kombination mit besagten Fotos vielmehr meist eine Illusion über die Sichtbarkeit von Kometen und Polarlichtern hervorrufen. Es entsteht die Vorstellung, dass sie mit bloßem Auge zu sehen seien – eben so schön und groß, wie auf den Fotos abgebildet. Das ist jedoch leider nur in den seltensten Fällen so. Es gibt alle Jahre mal wirklich mit bloßem Auge gut auffindbare und sichtbare Kometen am Himmel, genauso, wie es in sehr seltenen Fällen auch bei uns in Deutschland hell leuchtende großflächige Polarlichter zu sehen gibt. 

Letztere lassen sich in ihrer hellsten Form tatsächlich mit einer normalen Kamera oder einem Smartphone fotografieren oder filmen. Ansonsten sind Polarlichter bei uns jedoch sehr lichtschwach und für das menschliche Auge daher viel zu dunkel. Nur mit Hilfe einer Kamera und entsprechender Belichtungszeit lassen sie sich in voller Pracht sichtbar machen – aber eben nur auf einem Foto. Zudem tauchen Polarlichter eben recht spontan auf. Wo der jeweilige Sonnensturm genau über der Erde die Polarlichter auslöst, lässt sich bislang nicht ganz exakt berechnen. Über welchen Städten und Dörfern sie wirklich auftauchen werden, lässt sich nicht genau vorhersagen. Es gehört also immer eine ordentliche Position Glück dazu, sie wirklich mal sehen zu können. 

Im Vergleich dazu ist es nicht derartig unvorhersehbar, wann von wo aus ein Komet zu sehen ist. Kometen ziehen ihre Bahn, das lässt sich von den entsprechenden Instituten besser berechnen.

Ohne Fernglas oder gar Teleskop und ohne genaue Kenntnis, in der Nähe welches Sternbildes und welches konkreten Sterns sich ein Komet zu welcher Uhrzeit befindet, bekommt man jedoch auch Kometen normalerweise gar nicht zu Gesicht. Wenn man ihn dann mit dem Fernglas oder per Teleskop gefunden hat, was einige Übung erfordert und einige Zeit dauern kann, wird man sich häufig zunächst fragen, ob das wirklich der Komet ist. Oft erscheint er nur so groß wie Sterne in seiner Umgebung. Erkennen kann man ihn dann im Unterschied zu den Sternen an seiner nebeligen Struktur. Man bekommt also vielmehr einen nebeligen Fleck zu sehen. So einfach ist die Kometensuche eben auch nicht. Wie beschrieben, wird das etwas Übung brauchen und die Nacht beim ersten Mal wahrscheinlich nicht gleich funktionieren. Aber das ist ja auch nicht schlimm, sondern sogar vielmehr schön. Der Weg dorthin gehört dazu, wie das sonst im Leben eben auch so ist. 

Und wie kommen diese tollen Fotos zustande, die in den Medien gezeigt werden? Hier kommt die Astrofotografie ins Spiel. Mit entsprechendem Equipment (Teleskop, spezieller Kamera, Software etc.) und entsprechender Belichtungszeit werden überhaupt erst der Schweif und damit die komplette Größe sowie eine möglicherweise grüne Farbe des Kometen sichtbar. Zudem werden per Software mehrere einzelne Fotos übereinandergelegt, was die kontrastreichen Bilder erst möglich macht. Kometen gibt es übrigens tatsächlich häufiger am Nachthimmel, als man vermuten mag. Nur große und hell leuchtende Kometen, die man mit bloßem Auge sofort entdecken und dazu noch mit einer normalen Kamera oder gar einem Smartphone fotografieren kann, eben nur selten. Und selbst, wenn ein Komet als mit bloßem Auge sichtbar gilt, heißt das nicht, dass man ihn auf Anhieb findet und er dann aussieht wie auf einem tollen Foto. Bestes Beispiel bietet der Komet „Neowise“. Mit bloßem Auge sichtbar? Ich hatte die erste Nacht, in der ich ihn damals suchte, die ganze Zeit in die richtige Richtung geblickt und ihn die ganze Zeit über schon gesehen, aber nur nicht als solchen erkannt. Eine Nacht später versuchte ich es erneut, nur jenes Mal mit einem Fernglas, und mir wurde klar, dass ich ihn bereits gefunden hatte. So deutete sich auch erst der Schweif an. „Mit bloßem Auge“ sichtbar bedeutet also keineswegs, dass man den Kometen so sieht, wie man sich das anhand der Fotos vorstellen mag. 

Wenn Sie also das nächste Mal tolle Fotos von einem Kometen sehen, der aktuell in Erdnähe vorbeizieht, dann machen Sie sich schonmal darauf gefasst, dass die Kometensuche nicht ganz so einfach ist. Unmöglich ist es aber natürlich auch nicht. Wie auch Ihnen bereits mit einem Fernglas das Auffinden eines Kometen gelingen kann, erfahren Sie im nächsten Blog-Beitrag.

Und was die Polarlichter angeht: Wer weiß, vielleicht tauchen ja bald doch noch welche auf.

 

Bis dahin: allseits klare Sicht!

 

Nachtrag:

Wie ich nun erfuhr, ist es unserem Sternwartenleiter Julian Witschen in der Nacht vom 11. auf den 12. Mai um circa 22:30 Uhr gelungen, Polarlichter über dem Langwarder Groden zu sehen und zu fotografieren. 

Falls es Ihnen auch so geht, dass sie dachten, es müsse wirklich stockdunkel sein, um Polarlichter überhaupt sehen zu können: Wie man nun sieht, lohnt es sich doch, auch schon in/nach der Dämmerung in der ersten Nachthälfte nach Polarlichtern Ausschau zu halten! 

Vielen Dank für das Zukommenlassen der schönen Bilder und an alle Polarlicht"sucher" weiterhin viel Erfolg! 

Die Fotos finden Sie im nachfolgenden Blog-Eintrag vom 24.05.2024.